(H. Klix) Werder. Zum Jahrestag der Pogromnacht haben Bürgermeisterin Manuela Saß und der Historiker Hartmut Röhn am Vormittag des 9. Novembers mit Zehntklässlern der Carl-von-Ossietzky-Schule an die Zerstörung jüdischen Eigentums in Werder (Havel) erinnert. Das Gedenken fand an den beiden Werderaner Stolpersteinen statt, die vor vier Jahren für Ruth und Hans-Peter Olschowski in der Brandenburger Straße verlegt wurden.
Prof. Dr. Hartmut Röhn hat 40 Jahre in der Lehre und Forschung, zuletzt an der Berliner Humboldt-Universität, gearbeitet. Er recherchiert seit seiner Pensionierung auch zu geschichtlichen Themen in Werder. Röhn war mit einer Arbeitsgruppe an der Verlegung der insgesamt acht Stolpersteine in Werder beteiligt und ist Herausgeber des Gedenkbuchs „Jüdische Schicksale in Werder“, dass durch die Stadt auch den Werderaner weiterführenden Schule zur Verfügung gestellt worden ist. Der Historiker erinnerte vor den Schülern an das Schicksal der Olschowkis und besonders an das von Hans-Peter Olschowski, der zum Zeitpunkt der Pogromnacht 15 Jahre alt, also im Alter der Schüler, gewesen war. In der Pogromnacht wurden die Rollläden des Textilgeschäftes seiner Eltern in der Brandenburger Straße mit Äxten zerschlagen und die Schaufenster zerschmettert. Der Vater, Curt Olschowski, war SPD-Mitglied und wurde nach dem Pogrom für einen Monat im KZ Sachsenhausen inhaftiert, danach war er Zwangsarbeiter im Berliner Eisenbahnbau. Die Mutter Ruth Olschowski flüchtete mit ihren Kindern Anita, Heinz und Hans-Peter aus dem heimatlichen Werder nach Berlin. Hans-Peter kam als Gärtnerlehrling unter, bevor er die Reichshauptstadt im April 1943 mit dem „37. Osttransport“ verlassen musste. Das Ziel: das Vernichtungslager Auschwitz. Unmittelbar vor der Befreiung des Lagers durch die Sowjetarmee wurde Hans-Peter Olschowski von Auschwitz nach Mittelbau-Dora in Thüringen verschleppt, wo in den letzten Kriegsmonaten Flugbomben produziert wurden. Er kam bei einem Todesmarsch ums Leben, als sich im April 1945 die Amerikaner dem Lager näherten. Seine Mutter Ruth Olschowski wurde in Auschwitz umgebracht. Die beiden anderen Kinder und Curt Olschowski überlebten den Vernichtungsfeldzug der Nazis. Curt Olschwoski war von 1958 bis 1961 Bürgermeister der Stadt Werder (Havel).
In der Stadtverwaltung Werder (Havel) gibt es zur Pogromnacht ein besonderes Dokument: Eine Bauakte, in der die Schäden an Wohn- und Geschäftshäusern acht jüdischer Familien in Werder dokumentiert sind. Bürgermeisterin Saß verlas zum Abschluss des Gedenkens die Liste der Schäden, die am Kaufhaus der Olschowskis entstanden sind. Eine Kopie der Bauakte wurde von der Bürgermeisterin dem Fachbereich Geschichte der Carl-von-Ossietzky-Schule zur Verfügung gestellt.
Fotos: Gedenken an die Pogromnacht an den zwei Olschowski-Stolpersteinen. (Fotos: Ungerath)