(ung) Werder. Die historische Notrufsäule vor der Polizeidienststelle Werder (Havel) ist restauriert worden und bei einem Pressetermin am 3. Juni vorgestellt worden. Der einstige Standort auf dem Bürgersteig mit dem Notrufknopf zur Straße hin ist leicht versetzt worden, hinter den Zaun auf dem Polizeigelände, um einer Beschädigung oder Vandalismus entgegen zu wirken.
Bürgermeisterin Manuela Saß bezeichnete das Projekt als Beispiel für das Traditionsbewusstsein der Werderaner, das sich auch in kleinen Dingen zeige. Als die 1961 oder 1962 aufgestellte Notrufsäule in den vergangenen Jahren baufällig wurde, sei dem Leiter der Polizeidienststelle Werder, Polizeihauptkommissar Gert Meyer, bewusst gewesen, dass man ein solches Zeitzeugnis in Werder nicht einfach verschwinden lassen könne. Beim Heimatverein und im Rathaus fand er Unterstützung für die Idee einer Rekonstruktion. Diese wurde von der Töplitzer Firma Kunsch, Bautenschutz und Werterhaltung, übernommen, die u.a. den Beton sanieren musste. Die Sanierungskosten von rund 3.000 Euro hat die Stadt Werder übernommen.
Wie wurden damals Brände an der Notrufsäule gemeldet? „Man musste zuerst die Scheibe zerschlagen und dann den schwarzen Knopf drücken“, erklärte Klaus Froh. Damit sei das Volkspolizeikreisamt in Potsdam alarmiert worden, das über die Sirenen im Werderaner Stadtgebiet die Feuerwehr verständigte. „Es war üblich dass die Person an der Notrufsäule gewartet hat, bis der erste Feuerwehrmann eintraf“, so der Heimatvereinschef. Denn der Feuerwehrmann musste noch erfahren, wo es genau brennt, denn die Werderaner Notrufsäule enthielt keine Fernsprechanlage. Der Vorsitzende des Heimatvereins recherchierte, dass die Notrufsäule Anfang der 1960er Jahre aufgestellt worden sein muss. „Ich war im Bauamt und im Stadtarchiv. Es ließ sich aber nichts über die Säule direkt erfahren.“ Es habe sich um eine Feuerwehr-Notrufsäule gehandelt, sie erfüllte aber bei jeglichem Notruf ihre Funktion. Die Polizeiwache war bereits seit Ende der 1940er Jahre an der heutigen Stelle an der Potsdamer Straße untergebracht. Die Feuerwehr habe für einige Jahre auf dem Hof des damaligen Volkspolizeireviers ihr Depot gehabt. Zudem hätten auch einige Feuerwehrleute in dem Haus gewohnt. Ob der Großbrand der Bockwindmühle auf der Insel 1973 durch einen solchen Notruf bekannt geworden ist, hat Dr. Klaus Froh bislang vergeblich versucht, in Erfahrung zu bringen.
„Mein Eindruck ist, dass das Projekt auch bei der Polizei ins Bewusstsein gerufen hat, wie sich die Arbeit in den vergangenen Jahrzehnten veränderte“, so die Bürgermeisterin. Diesen Eindruck bestätigte der Leiter der Polizeidirektion West, Peter Meyritz, der auch beim Pressetermin zugegen war. „In einer Zeit, als es noch keine Smartphones gegeben hat und selbst Telefonanschlüsse rar waren, wussten auch die Werderaner, wo ihre Notrufsäule war.“ Auch nachdem 1973 die Feuerwehr das Depot an der Kemnitzer Straße errichtete, verblieb die Notrufsäule an der Polizei. Heute funktioniert sie aber nicht mehr, die Leitung ist gekappt. Vielleicht rückt die alte Notrufsäule nun wieder als Zeitzeugnis in den Fokus thematischer Stadtführungen, denn in Deutschland existieren nicht mehr viele von ihnen.
Foto: Gert Meyer (l.), Klaus Froh, Manuela Saß und Peter Meyritz (r.) an der frisch restaurierten Notrufsäule. (Foto: Stadt Werder/H. Klix)