(ung) Potsdam. Im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte (HBPG) ist seit 7. Juni die Ausstellung „fontane.200/Brandenburg – Bilder und Geschichten“ zu sehen. Sie wirft ein neues Licht auf seine „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“. Die „Wanderungen“ sind aber kein Reisebericht und schon gar kein Reiseführer, sondern sie sind vielmehr ein imaginärer Spaziergang durch märkische Landschaften, Familiengeschichten und Anekdoten, Ortschroniken und Sagen, die Brandenburg als Geschichtsraum erstehen lassen. Mit mehr als 300 zum Teil noch nie öffentlich gezeigten, größtenteils literarischen Exponaten macht die Ausstellung Fontanes „Bilder und Geschichten“ anschaulich und gibt einen Einblick in seine Arbeitsweise.
Im Eingangsbereich ist mit den einzig erhaltenen Gegenständen aus Fontanes persönlichem Besitz sein Arbeitszimmer nachgestellt. Ein Rundgang um den „Schreibtisch“ führt zu 17 ausgewählten Orten: Küstrin und Wust mit der Tragödie um Hans Hermann von Katte, dem vom Soldatenkönig hingerichteten Jugendfreund und Vertrauten von Kronprinz Friedrich, die Dahme, das Dosse-Bruch, Kunersdorf mit der klugen und reformfreudigen Frau von Friedland, Etzin, Werder, Radensleben und Steinhöfel mit ihren Kunstsammlungen sowie Möglin mit dem Begründer der Agrarwissenschaft Albrecht Daniel Thaer. Weiter geht es mit den Müggelbergen, Walchow, Werneuchen, Garz, Friedersdorf mit der Familie von der Marwitz, Gröben und Siethen mit ihrem einzigartigen Kirchenbuch sowie Bad Freienwalde mit Caspar von Uchtenhagen, der als Kind 1603 von habgierigen Verwandten umgebracht worden sein soll. An jeder Station werden die Besucher von Persönlichkeiten bzw. Gegenständen „begrüßt“, die in den „Wanderungen“ eine besondere Rolle spielen. Und an jeder Station liegen vertiefende Büchlein aus, die zum Verständnis beitragen. In Werder beschäftigte sich Fontane beispielsweise mit dem Bild „Christus als Apotheker“ aus der Heilig-Geist-Kirche, das nun im Original in der Ausstellung hängt. Eine Skizze des Bildes und seine Notizen sind in dem zugehörigen Werder-Büchlein zu sehen.
Die Ausstellung gibt dem Besucher auch Einblicke in Fontanes Arbeitsweise: Textentwürfe, Überarbeitungen und Sammelmappen illustrieren, wie er praktisch vorgegangen ist. Drei Jahrzehnte lang hat der Autor an seinen „Wanderungen“ gearbeitet: Er hat sie aktualisiert, umstrukturiert und vor allem ständig erweitert – bis zum letzten Atemzug. Mit unterschiedlichen Schreibgeräten machte er kreuz und quer Notizen, schnitt Textstellen aus, klebte sie an anderer Stelle ein und brachte Zeichnungen und Skizzen zu Papier.
Eine Kutsche und Modelle anderer Verkehrsmittel des 19. Jahrhunderts zeigen, wie der Autor reiste – gewandert ist Fontane nämlich nur äußerst selten. Zu erfahren ist auch, wie er sich auf seine Fahrten vorbereitete, wer ihn begleitete, mit wem er sprach, was er gesehen und gelesen hat. Kuratiert wurde die Ausstellung von der Literaturwissenschaftlerin Dr. Christiane Barz.
Zur Potsdamer Ausstellung ist ein Begleitbuch erschienen, es gibt ein umfangreiches Führungsangebot und ein Quiz für Kinder. Es empfiehlt sich, an einer Führung teilzunehmen, da sich das Ausstellungskonzept nicht ohne weiteres erschließt, denn es gibt leider keinen Audioguide.
HBPG, Kutschstall, Am Neuen Markt 9, Potsdam: „fontane.200/Brandenburg – Bilder und Geschichten“, bis 30. Dezember, Di-Do 10-17 Uhr, Fr-So 10-18 Uhr, 7/5 €; Führung durch die Ausstellung am 7. Juli, 11/14 Uhr, zusätzlich 4 €.
Foto: Theodor Fontanes imaginärer Arbeitsplatz im Eingangsbereich der Ausstellung in Potsdam. (Foto: Ungerath)