Page 17 - Werder Life Ausgabe 78 web
P. 17

Ausgabe 78 · 19. Dezember 2018                     www.werder-life.de                                          Seite 17

          Zum Beschluss, Werder zur wolfsfreien Zone zu machen

         Ein Gastbeitrag von Oliver Ungerath, Werderaner Bürger und Wolfsbotschafter beim Nabu
        „Es ist eine Schande”, so ein  schwer nachvollziehbar ist. Das  dem jährlich viele Menschen
        Zwischenruf nach der Abstim- Landesumweltamt hat offenbar  sterben, ist die Zecke. Und
        mung über Tagesordnungs- nicht ausreichend Fachkompe- trotzdem lässt sich von dieser
        punkt 5 bei  der  Stadtverord- tenz, die Fachstellen sind dar- niemand vom Pilzesuchen oder
        netenversammlung am 13.  über hinaus nicht ausreichend  Spazierengehen abhalten. Hin-
        Dezember. Soeben hatte die  verknüpft, die Entschädigun- sichtlich der Weidetierhaltung
        CDU-Fraktion zusammen mit  gen dauern viel zu lange und  ist festzustellen, dass jahr-
        dem früheren AfD-Abgeordne- die Tierhalter fühlen sich häu- tausendelang die Menschen
        ten ihrem eigenen Antrag zu- fi g  allein  gelassen.“  Und  sie  in unserer Region als Bauern
        gestimmt, Werder (Havel) solle  stellte die Frage an die CDU:  neben dem Wolf lebten, und
        zu wolfsfreien Zone werden.   „Was ist denn hier Ihre Trieb- immer hatte es Vieh gegeben.
        Die Beschlussvorlage der CDU  feder für eine solche Beschluss- Nur heute soll dies nicht mehr
        entstammt einer Kopiervorlage  vorlage? Ist es ein Mitlaufen  möglich sein? Es ist nur eine
        der Internetseite www.wolfs- mit einer Gruppe misstraui- Frage des Schutzes, wie man
        freiezone.de, einer Seite  des  scher Wutbürger, die ‚schieß  z. B. bei der Streuobstwiese in
        Bauernbundes  Brandenburg, tot‘ als Lösung anbieten?“  Glindow sehen kann, wo die
        der hier hemmungslose Hetze  Erwidert wurde der Beitrag sei- Schafe sicher vor Wölfen ge-
        gegen den Wolf betreibt. Es  tens der CDU-Fraktion zuerst  halten werden.
        wird darin gefordert, dass der  von Hermann Bobka, der halb- Aber all dies interessiert die
        Schutz des Wolfes auf europä- herzig den Antrag verteidigte  CDU-Fraktion nicht. Sie be-
        ischer Ebene gelockert wird  und dann von Klaus Behrendt  gründet ihren Antrag mit fal-
        und dass der Wolf bejagt wer- aus Derwitz, der klar machte,  schen Behauptungen („Überall
        den darf, wobei Schweden als  dass es ihm als Jäger vor al- auf der Welt … wird er gejagt“   Subdirektion
        Beispiel dient. Letztlich solle  lem darum gehe, dass sich nun  oder „die Schädigung der Wei-
        der Wolf höchstens noch auf  nicht mehr so leicht jagen lasse  detierhalter … nimmt exis-
        Truppenübungsplätzen, Tage- wie bisher.         tenzbedrohende Formen an“).
        baukippen und Naturreserva- An dieser Stelle soll nun ein- So werden  in Europa weder
        ten unbehelligt bleiben.  mal an die Fakten um den Wolf  in Griechenland, noch in Itali-  k
        Der Abstimmung war eine lei- im Werderaner Gebiet erinnert  en, in Spanien, in Frankreich,
        denschaftliche Diskussion vor- werden.  In Brandenburg gibt  oder in Polen Wölfe bejagt.   Liebe Kunden,
                                                                                     ein Verkauf ist mehr als ein Geschäft,
        ausgegangen. In einem klugen  es knapp 30 Rudel. Ein Rudel  Wölfe reißen zu über 95  Pro-  es ist immer auch eine Begegnung
        und fachkundigen Redebeitrag  ist jeweils ein Paar Wölfe mit  zent Wild, Landwirte werden   zwischen Menschen.
        hatte diese Dr. Claudia Fehren- ihren Welpen des letzten und  entschädigt, sofern die Schutz-  Sie haben uns im vergangenen Jahr gezeigt,
        berg von der Fraktion „Freie  des vorletzten Jahres. Auf- maßnahmen normgerecht wa-  dass Sie diese Begegnungen schätzen.
        Bürger Werder“ eröffnet. Sie  grund der hohen Sterblichkeit  ren. Und der Hinweis auf das
        nannte zahlreiche Fakten zum  vor allem im ersten Lebensjahr  Vorbild Schweden mit seinen   Wir freuen uns über Ihre Anerkennung,
                                                                                     sie ist unser Ansporn in unserer täglichen Arbeit.
        Wolf, stellte fest, dass noch  handelt es sich dabei um etwa  „Lizenzjagden“ ist sehr merk-  Wir wünschen Ihnen frohe Festtage
        kein Nutztier in Werder ge- 6-10 Tiere. Diese beanspruchen  würdig, da gegen Schweden   und ein glückliches neues Jahr 2019!
        rissen worden sei und sagte:  ein Revier von ca. 200-300  gerade deshalb ein Vertragsver-
        „Dafür zu sorgen, dass unse- km². Die Werder nächst gelege- letzungsverfahren der EU läuft.
        re Natur nachhaltig geschützt  ne Wolffamilie lebt bei Lehnin.  Rechtsbruch als Vorbild?
        wird, das haben wir uns in  Diese Wölfe wandern insbeson- Zuletzt sei darauf hingewiesen,
        unsere Leitlinien geschrieben.  dere in der Nacht ihr gesamtes  was auch Dr. Fehrenberg vor
        Dazu gehört auch, dass wir  Revier ab. Dabei kommen sie  den Stadtverordneten erklär-
        dem Zuwanderer Wolf seinen  auch durch das Werderaner  te: Gemäß einer „Ausarbeitung
        Raum gewähren. Sie können  Gemeindegebiet. Platz für ein  der Rechtsabteilung des Deut-
        in Schweden, in Italien, in den  weiteres Wolfsrudel ist hier  schen Bundestages … mit der
        Pyrenäen oder in Kanada eben- nicht, da Wölfe ihr Territorium  Fragestellung der Vereinbarkeit
        so unbeschwert ihre Freizeit in  verteidigen. Insofern ist nicht  der Ausweisung wolfsfreier
        den Wäldern genießen wie hier  mit der Niederlassung zusätz- Zonen mit dem Naturschutz-
        in Brandenburg.“ Ebenso stell- licher Wölfe in der Gegend zu  recht“ ist festzustellen:  „Die
        te Dr. Fehrenberg fest, „dass  rechnen. Nach dem zweiten Le- Ausweisung einer sogenannten
        die Weichenstellung des Lan- bensjahr verlassen Wölfe ihre  wolfsfreien Zone ist rechtlich
        des Brandenburg nicht trans- Familie und beginnen zu wan- nicht zulässig. Es fehlt an einer
        parent, nicht  einheitlich und  dern, um ein eigenes Revier zu  rechtlichen Grundlage für den
                                fi nden.  Vorwiegend  diese  sind  Gemeinderat, eine solche Zone
                                es, die immer mal wieder in  zu erklären. Für rechtswidrige
                                Dörfern gesehen werden, weil  Gemeinderatsbeschlüsse  be-
                                sie sich nicht auskennen und  steht die Möglichkeit der Be-
                                noch wandern. Für Menschen  anstandung durch die Kommu-
                                können die extrem seltenen  nalaufsicht.“
                                Wölfe als ungefährlich ange- Auch dies hielt die CDU-Frak-
                                sehen werden. Gefährlich sind  tion und den ehemaligen AfD-
                                für Menschen im Wald schon  Abgeordneten nicht von ihrem
                                eher die häufi gen Wildschwei- schändlichen und sinnlosen
                                ne, denen man in die Quere  Beschluss ab. Die Bürgermeis-
                                kommen kann, gefährlich ist  terin Manuela Saß, die sich der
                                der Weg mit dem Auto in den  Stimme enthalten hatte, kün-
                                Wald, und das  gefährlichste  digte aber immerhin an, ihn
                                Tier in deutschen Wäldern, an  prüfen zu lassen.
   12   13   14   15   16   17   18   19   20   21   22