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Ausgabe 104 · 24. Februar 2021 www.werder-life.de Seite 4
Am Aschermittwoch ist alles vorbei
(je) Werder. Die närrischen Zubehör gab es im Papierge- ausstaffi ert. Alles mit Stil
Tage vor dem Aschermittwoch schäft, beim Putzmacher oder und liebevollen Dekorations-
sollten einst auf die folgende im Posamentierwarenladen. details. Und so tanzte dann
Fastenzeit einstimmen. Schon Gut Betuchte ließen sich auch die ganze Nachbarschaft zu
vor 500 Jahren bestimmte schon einmal eine Verkleidung Schlagern von den Schellack-
Papst Gregor der Große die vom Schneidermeister Nied- platten. Ja, es ging schon recht
40-tägige Fastenzeit vor dem ner nähen. fröhlich zu im Hause Kärger.
Osterfest. Dies bedeutete 40 In den Nachkriegsjahren ab Zu fortgeschrittener Stunde
Tage lang dem Fleisch so- 1945 begannen die Werder- und in bester Feierlaune klin-
wie Lebensmitteln wie Fett, schen bescheiden mit dem gelte man beim Fotografen
Schmalz, Milch, Butter, Käse Fasching in den eigenen vier Otto Klett an, welcher unweit
und Eier zu entsagen und auch Wänden. Hier gibt es von der in der Torstraße wohnte. Er
im Ehebett Enthaltsamkeit zu Familie Kärger zu berichten, konnte der Bitte um ein paar
üben. Bis ins Mittelalter lassen die 1945 vorübergehend aus stimmungsvolle Faschings-
sich Schlemmen und Saufen der Eisenbahnstraße vertrie- bilder nicht widerstehen. So
an den Tagen vor dieser Zeit ben, am Markt 49 angesiedelt blieben diese Momente für die
verfolgen. Unter das Alkohol- war. Emmi Kärger führte mit Nachwelt erhalten. Im Jahre
verbot fi el allerdings nur der ihrem Mann Adolf ein offenes, 1961 gründete sich dann un-
Wein, dagegen war Bier als geselliges Haus. Zu Silves- ser Karnevalsclub Werder e.V.
Grundnahrungsmittel erlaubt. ter und in der Faschingszeit und damit begann ein neues
Die „tollen Tage“ erregten stiegen Feiern mit der Nach- Kapitel im närrischen Treiben
immer wieder das Missfallen barschaft. Jeder „zauberte“ Werders.
der Kirche. Dem zum Trotz sich mit viel Fantasie aus dem Doch jetzt sind wir ja erst ein-
entstanden die wilden Ver- Vorhandenen wunderschöne mal in der Fastenzeit. Jeder
kleidungen als Teufel oder Verkleidungen. So nähte man kann für sich selbst entschei-
Narren. Am Donnerstag vor damals nicht nur Brautklei- den, ob und worauf bis Ostern
Olaf Starre Ihr dem Aschermittwoch erhiel- der aus Fallschirmseide, son- verzichtet werden kann. Das
ten auch die ansonsten un- dern auch manch opulente kommt ja vielleicht den guten
Maler- und Lackierermeister zuverlässiger tergeordneten Weibsbilder Faschingsrobe. Die Gastgeber Vorsätzen entgegen.
Ausführung sämtlicher Maler- und für einen Tag Narrenfreiheit. richteten für die Party ihre Am 20. März ist ein histori-
Bodenbelagsarbeiten Partner Noch heute stürmen sie an „gute Stube“ her. Man brauch- scher Inselspaziergang zum
Graffiti-Entfernung Weiberfastnacht, ausgerüstet te ja Platz zum Tanzen. Sogar Frühlingsanfang geplant.
mit großen Scheren, vielerorts eine Bar zimmerte der Haus- Noch ist nicht sicher, ob er
die Rathäuser und kürzen zur herr zum Ausschenken von stattfi nden darf. Halten Sie
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ten dann doch wiederbelebte
Traditionen. Bis der Karneval
in Werder Einzug hielt, zo-
gen noch viele Jahre ins Land.
Erst nach dem Weltkrieg
(1918) rauften sich aus dem
Rheinland Eingewanderte zu
den Potsdamer Karnevalisten
zusammen. Dort feierten bald
auch Werderander „Jecke“
mit. Einer von ihnen war Hei-
demarie Garbes Opa Wilhelm,
der während seiner Lehrzeit Die Pfi rsichbowle brachte alle in fröhliche Stimmung.
in Rehmagen das ausgelasse-
ne Rheinische Treiben ken-
nen und lieben gelernt hatte.
Aber auch echte Rheinische
Frohnaturen wie der Bäcker-
und Konditormeister Jakob
Leuker waren dabei. Später
– zum Ende der 1920er richte-
ten auch Gastwirte in Werder
beliebte Maskenbälle für die
vielen Vereine aus. Ob Schüt-
zen, Ruderer, Sänger und alle
anderen sie feierten ausgelas-
sen und die Stadtkapelle unter
der Leitung vom Kapellmeister
Franz Kühn spielte zum Tanz
auf. Wer Geschick hatte, nähte Hausfasching bei Kärgers wieder in der Eisenbahn- Ecke Phö-
sein Kostüm selbst. Das nötige bener Straße. Fotos: Renate Opitz-Krone